Ist Pro-Bono-Beratung wirklich selbstlos?

In jüngerer Zeit häufen sich Berichte, in denen Pro-Bono-Projekte von Beratungsunternehmen im Vordergrund stehen, aber auch kritisch diskutiert werden. Grundsätzlich wird pro bono im Sinne der Wahrnehmung einer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung befürwortet, jedoch sind dabei Regeln zu beachten.

Was ist eigentlich pro bono?

Der Begriff leitet sich vom lateinischen „pro bono publico“ ab, was sich mit “zum Wohle der Öffentlichkeit” übersetzen lässt. Pro-bono-Projekte sind demnach Leistungen, die von Consultingunternehmen unentgeltlich und für einen gemeinnützigen Zweck angeboten und durchgeführt werden. Das können zum Beispiel Beratungstätigkeiten für Non-Profit-Organisationen, aber auch – oft gemeinnützige – Institutionen der Öffentlichen Hand sein.

Nur: Nicht jedes Projekt, das mit dem Label „pro bono“ versehen wird, ist auch tatsächlich eines. Von pro bono müssen im Consulting nämlich andere, nicht vergütete Beratungsleistungen differenziert werden. So sind insbesondere unentgeltliche Vorleistungen, die mit Blick auf eine erhoffte oder erwartete entgeltliche spätere Beauftragung erfolgen, kein pro bono, sie sind schlicht eine Vertriebsinvestition. Und sollten auch so genannt werden.

Besondere Konstellationen im Öffentlichen Sektor: Das Vergaberecht nicht aushebeln

Im Öffentlichen Sektor sind kostenfreie Leistungen allerdings nicht grundsätzlich unbedenklich. Es ist zwar nach dem gesetzlichen Vergaberecht nicht verboten, wenn ein Beratungsunternehmen einem Auftraggeber kostenlose Leistungen anbietet und sie auch durchführt. Auch strafrechtliche Vorschriften wie Vorteilsannahme scheiden aus, da in aller Regel kein Amtsträger persönlich Bevorzugter ist. Und wettbewerbsrechtlich wäre es nur dann unzulässig, wenn zum Beispiel in Wahrheit doch Kosten anfallen, der Anreiz, ein Pro-bono-Angebot anzunehmen irrational hoch ist oder gar eine Verdrängungsabsicht zu Lasten anderer Marktteilnehmer beabsichtigt ist. Allerdings sollten interne Vorgaben zum Beispiel von Bund und Ländern beachtet werden. So existieren besondere Richtlinien zum Sponsoring, Werbung, Spenden und mäzenatischen Schenkungen im öffentlichen Bereich. Der Verdacht einer Beeinflussung muss in jedem Fall vermieden werden.

Daher: Liegt kein pro bono vor, sollten Beratungsaufträge gerade im Öffentlichen Sektor unter den normalen Wettbewerb um entgeltliche Mandate fallen. Und dort greift spätestens beim Überschreiten der vorgegebenen EU-Schwellenwerte das Vergaberecht. Jörg Sarnes, der Vorsitzende des BDU-Fachverbands Öffentlicher Sektor, findet es daher auch bedenklich, wenn Beratungstätigkeiten, die üblicherweise von Auftraggebern vergütet werden, von diesen als Pro-bono-Leistung angenommen werden. Werde das Vergaberecht mit ausgeklügelter Akquisitionstechnik umgangen, gefährde das den freien Wettbewerb. Kritisch ist es aus seiner Sicht auch, wenn sich dann tatsächlich kurz- oder mittelfristig eine kostenpflichtige Beauftragung für ein Beratungsprojekt im selben Themenumfeld anschließt.

Vergaberechtlich relevant kann auch der Wissensvorsprung aus einem Pro-bono-Projekt sein, und zwar dann, wenn die Unterstützung zunächst pro bono ist, später jedoch in einen bezahlten und vergabepflichtigen Anschlussauftrag mündet. Hier hat das Vergaberecht einen Riegel vorgeschoben. „In derartigen Vergabeverfahren muss der Auftraggeber die Mitbewerber auf denselben Informationsstand bringen, wie den vorherigen Pro-bono-Berater”, stellt Vergaberechtsexperte Karsten Lisch (ESCH BAHNER LISCH Rechtsanwälte) fest. Das sei im Vergaberecht auch unter der Bezeichnung „Projektantenproblematik“ bekannt.

Hier sei auch erwähnt: Der BDU betrachtet die vergaberechtlichen Regelungen mit dem Ziel angemessenen Wettbewerbs als außerordentlich wichtiges Element der Wirtschaftsordnung. Eine direkte Beauftragung einzelner Unternehmensberatungen ohne Betrachtung konkurrierender Angebote sei hierdurch weitestgehend ausgeschlossen und ein funktionierender Wettbewerb gewährleistet. Gerade in Deutschland gibt es eine Vielzahl an Unternehmensberatungen, die sich auf den Öffentlichen Sektor spezialisiert haben. Für den Fachverband Öffentlicher Sektor ist daher klar, dass für jede noch so komplexe Aufgabe grundsätzlich immer mehrere Consultinghäuser in Frage kommen können. Angesichts des besonderen öffentlichen Interesses und der Eigenheiten des Politikbetriebes ist es für Beratungsunternehmen ratsam, Beauftragungen im Öffentlichen Sektor sehr transparent und nachvollziehbar zu gestalten und zu kommunizieren. Es muss klar definiert werden, wer was an wen und mit welchem Ziel liefert und wem er davon berichtet.

Quelle: https://www.bdu.de/media/296471/pro-bono-beratung.pdf

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